1916: Dada-Soirée im Zunfthaus zur Waag
Wenn in Zürich von künstlerischer Avantgarde die Rede ist, führt kein Weg an Dada vorbei und mittendrin: das Zunfthaus zur Waag. Im Sommer 1916 fand in unserem Haus am Münsterhof die erste öffentliche Dada-Soirée statt. Ein Abend, der Kunstgeschichte schrieb und Zürich für immer als Geburtsort einer Bewegung prägte, die alles in Frage stellte: Sprache, Logik und Konventionen.
Zürich im Sommer 1916: Während überall der Erste Weltkrieg tobt, entsteht inmitten der Zürcher Altstadt etwas völlig Neues – eine Bewegung, die Kunst, Sprache und Denken auf den Kopf stellt. Im Cabaret Voltaire an der Spiegelgasse formiert sich eine Gruppe von Künstlerinnen und Künstlern, die sich selbst Dada nennt. Was zunächst wie ein Scherz klingt, wird rasch zu einem Symbol für kreative Freiheit, Experiment und Aufbruch.
Am 14. Juli 1916 fand im Zunfthaus zur Waag die erste öffentliche Dada-Soirée statt. In unseren historischen Räumen, wo sonst Zünfter tagten und Handel betrieben wurde, erklangen an diesem Abend Lautgedichte, Improvisationen und provokante Texte. Unter den Auftretenden war auch Mitbegründer Hugo Ball, der sein Eröffnungsmanifest mit den Worten begann: «Dada ist eine neue Kunstrichtung. Das kann man daran erkennen, dass bisher niemand etwas davon wusste und morgen ganz Zürich davon reden wird.»
Es war ein Abend voller Irritation und Inspiration – ein Abend, der zeigte, dass Kunst keine Grenzen kennt. Das Zunfthaus zur Waag bot den Rahmen für diese kühne Premiere: ein Haus mit jahrhundertealter Tuchweber-Tradition, das an jenem Sommerabend zur Bühne einer künstlerischen Revolution wurde. Warum gerade hier? Zürich war während des Krieges ein Ort der Neutralität und damit auch ein Zufluchtsort für Denker, Dichter und Visionäre aus ganz Europa. Zwischen den engen Gassen und den ehrwürdigen Mauern fanden sie Raum für Neues, für Freiheit im Denken und Tun.
Kunsthaus Zürich, Bibliothek, Geschenk von Hans Bolliger, 1980
Heute, über ein Jahrhundert später, erinnert das Zunfthaus zur Waag nicht nur an diesen historischen Moment, sondern lebt seinen Geist weiter: offen für Begegnung, inspiriert von Kultur, verwurzelt in Geschichte. So trifft historische Architektur auf zeitgenössische Küche, Tradition auf Inspiration. Und wer heute durch unsere alten Zunftstuben schreitet, spürt vielleicht noch etwas von jener Aufbruchsstimmung, die Zürich 1916 erfüllte – als Dada still und leise sagte: «Alles ist möglich.»
Ein Besuch im Zunfthaus zur Waag ist deshalb nicht nur ein kulinarisches Erlebnis sondern auch eine kleine Zeitreise. Dorthin, wo Kunst, Kultur und Gastlichkeit schon immer Hand in Hand gingen.
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